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Das blaue Band der Elbe schlängelt sich wie kein anderer Fluss durch Deutschland: Sehr natürlich, geographisch interessant und kulturhistorisch. Vor allem aber trennend und verbindend zugleich. Sächsische Schweiz, das Elbtal, den Dresdner Heidebogen hatten wir auf Wanderritten bereits erkundet. Ich wollte jetzt den Naturlandschaften links-
Bei der Vorbereitung stellte ich mir die Frage: Kann ich mitten in Deutschland pferdegerecht, naturnah und als Reiter willkommen geheissen unterwegs sein? Vorweg genommen: Die Antwort lautet eindeutig ja! Und in Sachsen-
Als Wanderreiterinnen, beheimatet in Dresden, verbanden wir sechs Wochen lang Naturlandschaften rechts-
Wir begannen unseren Wanderritt dort, wo die Elbe die Mittelgebirge verlassen hat und das norddeutsche Tiefland, die von Eiszeit geprägte Landschaft, durchfliesst.Wir begannen unseren Wanderritt dort, wo die Elbe die Mittelgebirge verlassen hat und das norddeutsche Tiefland, die von Eiszeit geprägte Landschaft, durchfliesst:
Eiszeit, Grünes Band & Kugelbake
Bei Cavertitz, in der Nähe des Städtchens Belgern an der Elbe, ritten wir Anfang August bremsenumschwärmt in die Dahlener Heide. An der Jägereiche prangte das Wappen August des Starken, hier war einst ein Jagdgebiet des Sächsischen Hofes. Am ersten Abend schauten wir auf die Silhouette von Torgau an der Elbe. Wir durchstreiften die Dübener Heide und genossen auf schier unendlichen Waldwegen den Rhythmus unserer trabenden Pferde.
Im Wörlitzer Park verwandelten wir uns für einen Tag in schlendernde und Kaffee trinkende Touristen (was uns nur teilweise gelang) und genossen die Atmosphäre, die das Gartenreich Wörlitz ausstrahlt. Über die Gierfähre bei Coswig an der Elbe übersetzend, wanderten wir in die nächste Landschaft, in den Fläming. Dörfer, die sich hinter Feldern und aus Bäumen erst allmählich herausheben in sanfter hügeligen Landschaft machen den Fläming zu einer unspektulären aber ganz feinen Landschaft! Im Naturpark Hoher Fläming in Brandenburg empfing uns ein im Hufeisen sitzender Specht als Reitroutenmarkierung! Wir ritten weiter und verliessen eine Kulturlandschaft, um uns auf die Nächste zu freuen:
Wir waren im Jerichower Land angekommen. Die weitere Routenwahl war keine leichte Entscheidung. Reiten wir in Richtung Elbe –Parey, Ferchland und setzen dort über in die Altmark? Oder durch den Fiener Bruch zunächst Richtung Havelland? Elbauen und Dörfer oder Moor, Bruchwald und landwirtschaftliche Geschichte? Wir entschieden uns für letzteres, vielleicht auch aus Unsicherheit vor den Folgen der Hochwasserschäden drei Monate zuvor. Wir pausierten mitten im Fiener Bruch auf dem Königsroder Hof. Unsere Pferde genossen zwei Ruhetage auf einer grossräumigen Wiese und wir sortierten Ausrüstung und planten den nächsten Streckenabschnitt. Früh morgens, im wunderbaren Sonnenaufgang genoss ich die Atmosphäre im Moorgebiet.
Wir besuchten Kloster Jerichow und die Stadt Tangermünde auf der anderen Elbseite. Ich fand Muse, gedanklich, baulich, historisch Mitteldeutschland zu verlassen und mich auf Norddeutschland einzulassen.
Wir überquerten die Elbe auf der Brücke Fischbeck –Tangermünde . Viele umgepflügte Felder und saftig wirkenden Elbauen gaben ein bisschen das Gefühl von Frühjahr, rege Bautätigkeit in Fischbeck und Umgebung, noch ein paar Flecken mit Sandsäcken und Sperrmüllsammlung, Wasserlinien an den Häusern: Das war unser Eindruck von den Folgen des Hochwassers. Seitens der Menschen hörten wir heraus, dass die Medien Ausflügler und Touristen so verschreckt hätten, dass weithinein in vom Hochwasser unberührte Landschaften die Feriengäste ausblieben.
Wir ritten durch die Elbauen über Storkau, Billberge bis Arneburg. Arneburg und seine Menschen hat uns so freundlich in der Altmark willkommen geheissen, wie es wohl kaum besser möglich ist.
Wir kamen durch altmärkische Dörfer, Wälder, Felder, an Osterburg vorbei Richtung Arendsee. In Dobbrun übernachteten wir das erste Mal auf einem der imposanten norddeutschen und gastlichen Gutshöfe. Wir hatten den Reitatlas, der uns die gut reitbaren und landschaftlich reizvollen Wege wies. Unter anderem durch Gräben und Wasserläufe hier erfordert das Wandern mit Pferden eine Wegempfehlung, damit erst wird es zum Erlebnis. Nahe Arendsee pausierten wir in einem Reiterhotel: Eine ehemalige Grenzkaserne und umgebende Wiesen wurden mit ganz viel Liebe und Ehrlichkeit zu einem gemütlichen Treffpunkt für Reiter; nicht nur für Reiter, umgestaltet. Dokumentationen zur Geschichte der ehemaligen Grenze und der Menschenrechte, über das Grüne Band und den Bemühungen des BUNDES zur Bewahrung der Ökosysteme wie auch die offenen Gespräche miteinander schaffen selbst Geschichte, die hoffentlich weit über den kleinen Ort Ziemendorf reichen werden.
Wir nutzten unsere Pause natürlich für einen Ritt in die Pferdeschwemme, aber auch zu einem Fahrradausflug zur Kirche und Klosterruine. Die Geschichte der Orte zog uns hinein. Immer tauchten dabei Bilder auf, die den Menschen mit dem Pferd verband. Ich stellte mir die Frage, ob ich subjektiv nur noch Pferde und ihre Nutzung durch den Menschen sehe, oder ob die Geschichte der Menschen noch enger mit dem Pferd verbunden ist, als wir gemeinhin annehmen.
In der Altmark und im Wendland gibt es noch viele alte Steinpflasterstrassen. Öfter verliert sich die Pflasterung unter Grasbewuchs auf Feldwegen. Dadurch prägten sich bei mir Nuancen des Hufschlages ein, wie sie wohl früher die Menschen begleiteten, so wie uns heute die Motoren der Autos.
Zurück in die erlebte Geschichte: Wir verliessen die Altmark, ritten ein Stück auf einem Kolonnenweg im Grünen Band und wendeten dann ab ins Wendland. Was auch heisst: Ich, eine „ehemalige DDR Bürgerin“, die mehr als dreissig Jahre davon geprägt wurde, reitet mit ihrem Pferd dort entlang, wo früher Minengürtel war! Und wende mein Pferd auf einen schönen Sandweg ab, um in die Bundesrepublik zu traben! Und, um später, gegenwärtig, nach Sachsen zurückgekehrt, gefragt zu werden: Wie war es denn, als du zu den Wessis kamst? Ich habe in all den sechs Wochen soviel Herzlichkeit und Wärme empfangen, so dass ich nie gefroren habe. Bei dieser Frage lief es mir eiskalt über den Rücken!
Mein Pferd, mit dem ich ins Wendland trabte, freut sich am ersten Rastplatz für Pferd und Reiter über die Fresspause und findet genug „Pausen“Gras in dem kleinen Paddock. Und wir freuen uns über das dritte Bundesland, welches Pferd und Reiter willkommen heisst.
Es ist inzwischen Ende August, Zeit der Heideblüte. Unvermittelt traben wir aus einem Waldstück in die Nemitzer Heide. Vor uns eine weite lila Fläche. Selbst meine Stute ist verblüfft und muss erst mal von einer Sanddüne aus das Ganze betrachten. Landschaftsänderungen nehmen unsere Pferde immer sehr genau wahr und ich habe gelernt, dass sie dafür Zeit brauchen. Zeit auch für Neugier und Sicherheit. Natürlich muss ich auch die Landschaften reflektieren und das Pferd mahnt mich auf diese Weise zur Genauigkeit.
Durch das gesamte Wendland begleitet uns das gelbe“X“, Symbol der Atomkraftgegner und Menschen, die das und ihre Liebe zur Natur und der Heimat verbindet. Wendland, geographisch eine „west“deutsche Zunge zur Ellbe, die ehemals Grenzfluss zu Mecklenburg war und im Süden die sachsen-
Wir hatten noch genügend Zeit, vier Tage mehr, als geplant, deshalb ritten wir erst einmal Richtung Elbe, um in der Nähe des Städchtens Hitzacker zu übernachten. Hier noch einmal auf die Elbe schauen, das Elbufer bei Klötzie und Bleckede kennenlernen, war mein Wunsch. Mir begegneten ein historisches Städchten, eine herrliche Uferlandschaft, aber auch wieder Grenzgeschichten.
In der Lüneburger Heide, zur Zeit der Heideblüte fanden wir uns in einem Tourismusgebiet wieder. Überall Reiter, überall Pferdekutschen mit Touristen, Fahrradfahrer und einige Wanderer. Tiefgepflügte Sandwege speziell für Reiter und Kutschen. Die Reitwegeausweisung in der Lüneburger Heide ist exzellent. Wenn natürlich von Nordrhein-
Der Transporttag nach Cuxhaven fand im strömenden Regen statt. Der erste Intensivregentag unserer Reise, nach fünf Wochen. Vorbeifahrend an den Marschen, Wasserkanälen und eingezäunten Weiden, stellten wir nun auch praktisch fest, dass dies nicht leicht zum Durchreiten gewesen wäre. Vielleicht über den Endmoränenbogen, der in der Küstenheide endet. Unser Ziel, Landschaften so zu durchrreiten, dass wir fernab von Industrie und Gewerbe, von pulsierenden Städten und Verkehr mit unseren Pferden einen Pilgerweg der Natur finden, wäre höchstwahrscheinlich schwieriger geworden.
Die Küstenlandschaft bei Cuxhaven einschliesslich Watt war allerdings ein abschliessender Höhepunkt. Die Kugelbake ist der geografische Punkt der Elbmündung, die hier 18km breit ist. Auf dem eiszeitlicher Endmoränenbogen, die Küstenheide, konnten wir in derAbendsonne Landschaftspfleger beobachten: Koniks.
Aus einer Mittelgebirgslandschaft nahe der tschechischen Grenze kommend und mit den Pferden im Watt die Insel Neuwerk zu erreiten, ist schon ein imposantes Gefühl.
Zuletzt die meistgestellte Frage, wie viel km wir pro Tag geritten seien. Wir waren insgesamt 6 Wochen unterwegs und sind davon 5 Wochen lang mit vollem Gepäck, also ohne Tross, zwischen 16 und 36km täglich geritten oder gelaufen. Wir, das sind meine achtjährige Stute Alina, der 18jährige Schimmelwallach Lukas, meine Begleiterin Steffi, ihr Hund Buddy und ich.
Und wir danken allen, die uns so gastfreundlich aufnahmen und uns das Wort „Auf Wiedersehen“ bedeutsam machten.
Bilder und Text sind aus einem Fotovortrag, der etwa 2h dauert.
© Text R. Buschbeck
© Bilder R.Buschbeck, Stefanie Geyer